Bei der Verarbeitung von Äpfeln zu Apfelsaft fallen etwa 20 % Pflanzenmaterial an, der „Apfeltrester“, der bisher als Futtermittel Verwendung findet. Allein in der deutschen Apfelsaftproduktion sind das etwa 200 000 Tonnen pro Jahr.
Jon Groß-Weege hat im Rahmen seiner Bachelorarbeit am Institut für Lebensmittelwissenschaft und Humanernährung nun einen einfachen und schnellen Weg gefunden, diesen Trester zu einem wohlschmeckenden und gesunden Getränk zu verarbeiten. Er ist wissenschaftliche Hilfskraft in der Abteilung Molekulare Lebensmittelchemie und ‑entwicklung von Professorin Tuba Esatbeyoglu.
Enzymatischer Abbau von Apfeltrester zur Gewinnung eines neuen Fermentationssubstrates für die Wasserkefirherstellung
Per Zugabe von Enzymen wird aus dem ehemaligen Abfallstoff mit Wasserkefirknollen ein gesundes Getränk gewonnen. Diese bestehen aus komplexen Polysaccharidketten, die eine sehr stabile Struktur aufweisen und Lebensraum für eine ganze Reihe von Mikroorganismen bieten. Der Vergleich mit einem Mammutbaum im Urwald drängt sich auf, in dessen Geäst sich ganze Ökosysteme tummeln.
Nach Zugabe von Wasser auf die Wasserkefirknollen, einer vergleichsweise kurzen Fermentationsdauer von 24 Stunden und dem anschließenden Abschöpfen der Kefirknollen ist der fertige Kefir trinkbereit. Die Mikroorganismen vermehren sich im Wasser und sorgen für die probiotischen Eigenschaften, sodass ein gesundes Getränk übrig bleibt, zucker- wie kalorienreduziert und dennoch lecker sowie nachhaltig produziert.
Hohe Praxisrelevanz und Anwendungspotential in der Getränkeindustrie
Nicht nur ist die generelle Ausrichtung auf die Verwertung von Abfällen sehr zeitgemäß, auch entwickelt sich das Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung in eine immer umfassendere Richtung, und fermentierte Produkte erleben zurzeit einen Aufschwung. So dürften auch Getränkehersteller ein Interesse an dem Verfahren haben. Außerdem ist die Produktion auf diese Weise günstiger als die bisherige Substratherstellung.
Die Erforschung weiterer Anwendungsgebiete wie der Mate-Herstellung wird bereits von Jon Groß-Weege verfolgt. Die jetzigen Arbeiten im Bereich der Getränkeentwicklung werden von der Studienqualitätsmittelkommission der Leibniz Universität („Studentischer Topf“) im Rahmen des Projektes „Stud.IB“ gefördert.
Für seine innovative Leistung ist der Bachelorabsolvent von der Baumann-Gonser-Stiftung (BGS) mit dem 2. Platz des BGS-Forschungsförderpreises ausgezeichnet, dotiert mit 1.000 Euro.
Der BGS-Forschungsförderpreis wird seit 2011 jährlich an Studierende und Nachwuchsforschende vergeben: Ausgezeichnet werden herausragende oder innovative Arbeiten zu Frucht- und Gemüsesäften mit den Schwerpunkten Ernährung und Gesundheit, Qualität und Analytik, Technologie und Prozesse sowie Nachhaltigkeit und Umwelt. Die Baumann-Gonser-Stiftung wurde 1956 gegründet. Sie verfolgt das Ziel, die Lehre und die zielgerichtete wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der gärungslosen Früchteverwertung zu fördern.
Wir gratulieren zu dieser Leistung und zu dieser Auszeichnung!